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12.08.2016

Lebensmittel Praxis: AFC kommentiert Gebühren für Lebensmittelkontrollen

Gebühren für Kontrollen

von Otto A. Strecker, AFC Consulting Group

Stellen Sie sich vor, Sie werden mit Ihrem Auto in einer Tempo-30-Zone mit 29 km/h geblitzt. Das Messergebnis wird Ihnen nach Hause gesandt. Beigefügt ist ein Gebührenbescheid für die entstandenen Kosten der Verkehrsüberwachung. Als Autofahrer würden wir uns vermutlich darüber wundern. 

Für die routinemäßigen Lebensmittelkontrollen in den Ländern Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen ist ein vergleichbares Szenario spätestens seit Mai 2016 Realität, in Niedersachsen sogar schon seit Ende 2014. Die für 2017 geplante Revision der EU-Kontrollverordnung sollte laut einem hitzig diskutierten Entwurf solche Gebühren sogar verpflichtend machen. Nun bleibt es wohl vorerst bei der Wahlfreiheit für die Länder, wie sie diese Gebühren finanzieren. 

In Deutschland entsteht mit den Vorstößen dieser Bundesländer eine Ungleichbehandlung der Betriebe, sogar zwischen den beiden Bundesländern. In NRW wird nach Zeitaufwand abgerechnet, in Niedersachsen nach Umsatz. Dort fragt also zukünftig die amtliche Lebensmittelkontrolle nicht nur nach Hygienedaten sondern auch nach Umsatzzahlen. Das ist neu und belastet naturgemäß den Lebensmittelhandel. 

Wer in einer Region ansässig ist, die mit mehr Kontrolleuren ausgestattet ist, wird tendenziell öfter und damit auch teurer kontrolliert. Andere Betriebe werden selten oder nie kontrolliert. Betroffen sind übrigens alle Unternehmen, die Lebensmittel (und Futtermittel) herstellen, damit handeln oder sie in Verkehr bringen: zum Beispiel Bäcker, Lebensmitteleinzelhändler, Großhändler oder die Gastronomie. 

In den hunderten von anhängigen Gerichtsverfahren wird es auch um die Ermittlung angemessener Gebühren gehen. Den Ländern fehlt dafür in der Regel das Instrumentarium, zum Beispiel um korrekte und angemessene Pauschalen für bestimmte Tätigkeiten zu bestimmen, oder um belastbar herzuleiten, was die Bemessungsgrundlage für die Besserstellung bestimmter Betriebe ist. 

Stellen Sie sich vor, Sie freuen sich über eine Polizeikontrolle, weil Sie wissen, dass die gleiche Kontrolle ein paar Kilometer weiter in zwei Nachbarbundesländern gebührenpflichtig wird; und zwar in einem Bundesland abhängig von der Größe des Autos und in dem anderen gestaffelt nach Dauer der Kontrolle. Kaum zu glauben? 

In: Lebensmittel Praxis, Ausgabe 13/2016 vom 12.08.2016, S. 68