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10.10.2017

BVE-Podiumsdiskussion: "Quo Vadis Kontrolle" in Köln

Veranstaltung aus dem BVE-Krisenmanagement am 10. Oktober 2017 im Rahmen der Anuga

Mehr als 50 Besucher nutzten im Rahmen der Angua die Gelegenheit, mit hochkarätigen Experten über Effektivität, Entwicklung und Vernetzung amtlicher Lebensmittelüberwachung, unternehmerischer Eigenkontrolle und Zertifizierungen zu diskutieren. Die Vertreter aus Wirtschaft, Behörde und Verbraucherschaft waren sich einig darüber, dass zwischen allen Ebenen wie Bund und Ländern, Kontrollbehörden und Unternehmen bis hin zum Verbraucher der Datenaustausch und die Kommunikation verbesserungsfähig seien.


© Mareike Tocha

Dr. Michael Lendle, AFC Risk & Crisis Consult, begrüßte als Moderator der Podiumsdiskussion die Teilnehmer und stellte das BVE-Krisenmanagement mit seinen präventiven und operativen Elementen vor. In seinem Einführungsvortrag verwies er auf die zuweilen massive öffentliche Kritik an der privatwirtschaftlichen wie auch der amtlichen Kontrolle. Optimierungspotenziale stecken offenbar auch noch in der Zusammenarbeit von Unternehmen und Behörden nicht nur im Krisenfall. Ein zentraler Aspekt der Kontrolle bleibt die künftige Rollen- und Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern.


© Mareike Tocha

Lebensmittelsicherheit und Kontrolle ist Ländersache, stellte Dr. Robert Schaller vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) unmissverständlich klar und verteidigte das föderalistische System. Unterschiede in der Umsetzung in den einzelnen Ländern räumte er allerdings ein, auch was die Verfügbarkeit der finanziellen Mittel betrifft. Der Bund sei im Krisenmanagement gut aufgestellt, er optimiere den stetigen Austausch, koordiniere Bund-Länder-Vereinbarungen und führe regelmäßig bundesweite Übungen durch.

Dass die amtliche Lebensmittelüberwachung unterbesetzt ist, sei hinlänglich bekannt, entgegnete Laura Gross, Die VERBRAUCHERINITIATIVE. Insofern sei der Hinweis auf die Zuständigkeit der Länder letztendlich nicht zielführend. Ferner sei das Schnellwarnsystem keine zufriedenstellende Quelle für Verbraucherfragen. Gross machte deutlich, dass der Verbraucher bei Abweichungen von Standards auch das Recht auf Information habe. Über Umfang und entsprechende Aufbereitung der Veröffentlichungen sei von Fall zu Fall zu entscheiden.


© Mareike Tocha

Dr. Marcus Girnau vom Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL) betonte, dass sich der Dialog zwischen Vertretern der Verbraucherschaft und Unternehmen in den letzten Jahren enorm verbessert habe. Er beklagte jedoch die Verunsicherung der Industrie und Verbraucher durch politische Intervention, wie aktuell die Aufkündigung der Bund-Länder-Abstimmung im Fipronil-Fall aufgrund des Wahlkampfes. Ferner stellte er fest, dass Deutschland noch nie über so sicherere Lebensmittel verfüge, wie heute, was auch auf das Zusammenwirken betrieblicher und amtlicher Kontrollmaßnahmen zurückzuführen sei.

Ziel muss sein, private Standards mit amtlicher Kontrolle sinnvoll zu verzahnen, so Stephan Tromp, International Featured Standard (IFS) und Handelsverband Deutschland (HDE). Besonders aufgrund der globalen Beschaffung sollte über die veröffentlichten Informationen des Schnellwarnsystems hinaus die Industrie zeitnah Informationen über die Quelle des Verursachers im Krisenfall erhalten, um prüfen zu können, ob die eigene Lieferkette betroffen sei. 

Auch Bernd Stumm, Bundesverband der Lebensmittelkontrolleure, sprach sich für eine gezielte Vernetzung aller vorhandenen Datenbanken aus bis hin zu jeder einzelnen Lebensmittelüberwachungsbehörde. Der Tatsache, dass die lokal organisierte amtliche Kontrolle der international agierenden Ernährungsbranche gegenüberstehe müsse Rechnung getragen werden. Hier bedarf es klar definierter Grundlagen zum Datenaustausch und der Optimierung der Kommunikation und Zusammenarbeit der verschiedenen Stakeholder. 

Die zuweilen kontrovers geführte Debatte „Quo Vadis Kontrolle“ zeigte Einigkeit darüber, dass alle Akteure gemeinsam im „Boot des Verbraucherschutzes“ sitzen. Wirksame Überwachungsstrategien in föderalen Strukturen erfordern vernetztes Denken und Handeln, einen schnellen, über Ländergrenzen hinweg, sicheren Datenaustausch und mutige Transparenz. Unterschiedliche Sichtweisen sollten als Chance gesehen werden an der effektiveren Gestaltung der Kontrollen zu arbeiten.